Gerade hatte ich eine brillante Idee: Wie wäre es, wenn ich im dritten Artikel, den ich vollmundig „Neues aus Frydgard“ nenne, endlich einmal etwas über Frydgard schriebe? Kurz war ich verblüfft von meiner eigenen Genialität, beschloss dann aber den verwegenen Plan direkt in die Tat umzusetzen.
Zur Zeit schreibe ich an einem Kinder- und Jugendbuch, das aller Voraussicht nach „Das verbotene Land“ heißen wird. Die Ereignisse, von denen ich berichte, haben sich an einem Ort zugetragen, der Frydgard heißt.

Frydgard ist ein Land, das so alt ist, dass sich niemand mehr daran erinnern kann, wie es einst entstand. Es liegt in einem endlosen Ozean, den nie jemand überquert hat. Zumindest kann sich niemand daran erinnern, dass es jemals jemand getan hätte. So gesehen ist Frydgard für die Wesen, die hier leben, nicht nur irgendein Land, sondern ihre ganze Welt. Sie endet im Norden, Westen und Osten an mal steinigen, mal sandigen, mal bewaldeten Küsten und im Süden an einem riesigen Gebirge. Was hinter dem Meer und den Bergen kommt, weiß niemand, und niemand interessiert sich außergewöhnlich stark dafür.
Niemand außer einem Troll namens Gnarz, der in einer Höhle im Wald Trollvidur im Zentrum Frydgards lebt. Mit seinen 121 Jahren ist er der jüngste frydgardische Tagtroll zwischen den glasklaren Seen der Vannsoll-Ebene im Norden und den mächtigen Surusum Bergen im Süden. Man kann getrost davon ausgehen, dass auch im heißen Sand der Wapipi Steppe im Westen und in den türkisblauen Fluten des Meeres der Weisheit im Osten kein jüngerer und neugierigerer Troll anzutreffen ist.
Das ist Gnarz nämlich auch: neugierig. Ganz im Gegensatz zu seinen Artgenossen. Die Chance, überhaupt irgendwo außerhalb Trollvidurs auf Trolle zu treffen, ist äußerst gering. Kein Wunder. In Trollvidur ist es ganz schön schön. Auch Gnarz mag seinen Heimatwald. Sehr sogar. Er mag die Lichtung, auf der er wohnt. Er mag das benachbarte Dorf mit dem Marktplatz und dem Rathaus. Er liebt es, im Frühling dem Plätschern des kleinen Flusses Frosselva zu lauschen, der sich zwischen Lichtung und Dorf durch die Hügel schlängelt. Trotzdem hat er ein brennendes Interesse an allem, was es über die Gebiete außerhalb des Waldes zu wissen gibt. Und das ist wahrlich einiges.
So sollte jeder Einwohner Frydgards einmal in seinem Leben die spektakuläre Festungsstadt Viskafest besuchen, die auf einer Landzunge zwischen den großen Seen und dem Meer der Weisheit liegt. Ihre 25 Hale hohen, grauen Steinmauern machen sie von allen Seiten praktisch uneinnehmbar. Ihre Häfen, die die wichtigsten Umschlagplätze des Landes sind, liegen gut geschützt innerhalb der Befestigungsanlagen. Gut, die meisten Trolle sind auf eine Reise nach Viskafest nicht wahnsinnig erpicht, da die Skaden, die Herrscher über den Norden, Nicht-Menschen alles andere als freundlich gesinnt sind. Alternativ ist Sardheim im Westen des Landes ist eine Reise wert, auch wenn der Weg durch die Steppe äußerst beschwerlich ist. Die hier herrschenden Sardons sind zwar auch nicht für ihre Gastfreundschaft bekannt, gehen aber deutlich lockerer mit Fremden um. Kein Wunder. Mit ihren spitzen Eckzähnen und langen Mähnen sind sie selbst nicht das, was die menschlichen Einwohner Frydgards als attraktiv bezeichnen würden. Nördlich von Sardheim liegt Raventarn. Das ist ein Turm, in dem angeblich ein Zauberer wohnt, der fantastische Kirschmarmelade einkocht. So erzählt man sich zumindest. Gesehen haben ihn bislang die wenigsten.
Es gibt unzählige weitere Gründe, Frydgard zu erkunden. Ich biete mich gern als Reiseführer an. In den nächsten Wochen werde ich hier noch viele weitere wissenswerte Dinge aufschreiben und vielleicht sogar das ein oder andere Geheimnis preisgeben. Es würde mich freuen, wenn du dabei bist.